Trude Teige: Als Großmutter im Regen tanzte
Trude Teige erzählt die Lebens- und Liebesgeschichten dreier Norwegerinnen: Großmutter Tekla, Tochter Lilla und Enkelin Juni.
Juni zieht sich nach dem Tod der Mutter und Gewalterfahrungen in ihrer Ehe auf eine kleine norwegische Insel zurück. Dort will sie sich darüber klar werden, wie es mit ihrer Ehe weitergehen soll. Und sie beginnt, den Nachlass ihrer Großeltern und ihrer Mutter zu sichten.
Dabei stößt sie auf Fotos, die ihre Großmutter Tekla mit einem jungen deutschen Soldaten zeigen.
Neugierig geworden, beginnt sie die Lebensgeschichte ihrer Großmutter zu erforschen. Sie findet heraus, dass Tekla nach Kriegsende Otto, eben diesen jungen Soldaten, heiratet und mit ihm nach Deutschland geht. Zuhause wird sie als "Deutschenhure" beschimpft und man nimmt ihr die norwegische Staatsbürgerschaft.
Als die beiden nach einem langen, beschwerlichen Weg in Demmin, Ottos Heimatstadt im Osten Deutschlands, ankommen, müssen sie feststellen, dass dort Schreckliches geschehen ist. Ottos Familie lebt nicht mehr und das elterliche Gut wurde von den Russen in Besitz genommen.
Nur bis hierhin sei von Teklas noch langem Weg zurück nach Norwegen erzählt.
Juni, die auf der Insel Georg kennengelernt hat, begibt sich mit ihm weiter auf eine Spurensuche, die ihr einen gänzlich neuen und vieles erklärenden Blick auf das Leben sowohl ihrer Großmutter als auch ihrer Mutter ermöglicht.
Atemlos, entsetzt und immer wieder angerührt von dem, was das Leben ausmacht, habe ich dieses Buch nicht aus der Hand legen können.
Ewald Arenz: Die Liebe an miesen Tagen
Clara: verwitwet, Ende Vierzig, gerade arbeitslos geworden.
Elias: Schauspieler, um einiges jünger als Clara, Vater einer fast erwachsenen Tochter und halbherzig mit Vera liiert.
Diese beiden begegnen sich zum ersten Mal, als Elias und Vera das zum Verkauf stehende Haus von Clara und ihrem verstorbenen
Mann besichtigen. Schon bei dieser ersten kurzen Begegnung liefern die beiden sich witzige, hintersinnige Wortgefechte.
Als sie sich bei einer Premierenfeier zufällig wieder begegnen, ist ihnen ganz schnell klar, dass es ein ganz besonderes Band zwischen ihnen gibt. Auch wenn beide Vorbehalte unterschiedlichster Art haben, wird ein Paar aus ihnen.
Natürlich geht es nicht immer reibungslos und himmelblau weiter. Clara erhält ein Stellenangebot aus Hamburg, das sie nicht ablehnen kann. Elias ist für die nächsten zwei Jahre noch an sein Engagement gebunden. Für Clara kommt eine Fernbeziehung nicht in Frage. Sie trennt sich von Elias.
Als dieser kurze Zeit später sehr krank wird, wird ihr klar, wie viel ihr an Elias und einem gemeinsamen Leben mit ihm liegt. Doch nun ist er es, der sich nicht wieder auf Clara einlassen will. Mehr wird nicht verraten...
Ewald Arenz überrascht und verwöhnt mit originellen Rededuellen, großartigem Sprachwitz und zeichnet seine Figuren mit spürbarer Freundlichkeit und Zugewandtheit.
Auch die "Nebenrollen" sind großartig besetzt - der gnadenlos ehrliche Bruder, die demente Mutter und der weltfremde Vater, die fast erwachsene und lebenskluge Tochter.
Meine Empfehlung: einen Nachmittag freihalten und ab auf die Couch mit dem Buch.
Leila Slimani: Schaut, wie wir tanzen
Nachdem vor einiger Zeit meine Kollegin Daniela Wurth das Buch "Das Land der Anderen" von Leïla Slimani empfohlen hat, möchte ich Ihnen heute den zweiten Teil der Romantrilogie der Autorin ans Herz legen. Im ersten Teil wurde das Leben von Mathilde und Amine Belhaj beschrieben. "Schaut, wie wir tanzen" beginnt in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Slimani erzählt vom Leben der Kinder von Mathilde und Amine, von Aicha und Selim Belhaj. Die beiden wachsen durchaus privilegiert auf, da Mathilde und Amine nach mühevollen Jahren nun angesehen und wohlhabend sind. Aicha studiert im Elsaß Medizin, ist ehrgeizig und diszipliniert. Ihr Bruder hingegen tut sich schwer mit Schule und den Erwartungen, die sein erfolgreicher Vater an ihn hat. Und so kommt es, dass er in diesen umbruchreichen und unruhigen Zeiten seinen Eltern und den gesellschaftlichen Anforderungen den Rücken kehrt und sich einer Hippie-Komune anschließt. Nachdem Aicha nach Marokko zurückkehrt, lernt sie einen jungen Mann kennen, der Wirtschaftswissenschaften studiert und den alle nur "Karl Marx" nennen. All das geschieht vor dem Hintergrund politischer und gesellschaftlicher Veränderungen in Marokko, einem Land, in dem die Schere zwischen Arm und Reich, Monarchie und Demokratie, gebildet und ungebildet, Mann und Frau unvorstellbar auseinanderklafft.
Leïla Slimani ist es gelungen, eine unglaublich spannende Familiengeschichte zu schreiben, die uns Lesern gleichzeitig einen Blick in ein gar nicht so fernes und doch so unbekanntes Land gewährt.
Martin Kordic: Jahre mit Martha
In meinem ersten Buchtipp möchte ich Ihnen "Jahre mit Martha" von Martin Kordic ans Herz legen.
Ludwigshafen in den späten 90er Jahren. Hier lebt Zeljko, von allen Jimmy genannt, mit seinen Eltern, dem großen Bruder und der kleinen Schwester in einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Die Eltern sind aus Jugoslawien gekommen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Mutter hat mehrere Putzstellen, der Vater ist als Bauarbeiter oft auf Baustellen in ganz Deutschland unterwegs.
In dem Sommer, in dem Jimmy 15 Jahre alt ist, lernt er Martha kennen. Eine Heidelberger Professorin bei der seine Mutter putzt. Er übernimmt einen Ferienjob als Gärtner bei ihr. Und er verliebt sich in sie. Und sie sich in ihn(?). Die sommerliche Romanze gipfelt in einem Opernbesuch und einem einzigen Kuss. Danach hört Jimmy lange nichts von Martha.
Er kämpft sich ehrgeizig gegen alle Widrigkeiten durch die Schule, besteht sein Abitur und beginnt ein Studium in München. In dieser Zeit nimmt Martha wieder Kontakt zu ihm auf. Sie begleitet ihn unter anderem zur Beerdigung seines Großvaters nach Kroatien, ist die einzige, die an seiner Abschlussfeier an der Universität teilnimmt. Und doch bleibt es eine Beziehung, in der Jimmy alles preisgibt und Martha nichts.
Nach seinem Uniabschluss und seinem Karrierestart in einem jungen Unternehmen versandet der Kontakt zu Martha. Und irgendwann schaut er genauer auf seine „Laufbahn“ und beginnt sich selbst zu demontieren. Zeljko begegnet Martha noch einmal.
Martin Kordic schildert sehr eindringlich und fast durchgängig in einem heiteren Ton den Weg von Jimmy zu Zeljko.

Manuela Romund
Buchhändlerin
Von einer Tante in jungen Jahren mit dem "Bücher-Virus" infiziert, bin ich über den Umweg des Germanistik-Studiums beim Buchhandel gelandet.
Und habe es nie bereut! Die Freude an so vielen verschiedenen Geschichten und darüber, dass man die Welt auf so vielfältige Weise betrachten kann hat mich nie verlassen.
Und das Beste: beim Buchhandeln kann ich diese Freude teilen!
Ich lese gern Romane und Krimis, ich bin für Sie da, sobald Sie die Buchhandlung betreten und ich freue mich, wenn Buchtipps "Treffer" sind.